Aktuell / 03.11.2014

Thermochemische Speicher sorgen für Lastausgleich

Konstante Lastabgabe fossiler Kraftwerke – das ist das Ziel des Forschungsprojekts „Thermochemischer Energiespeicher für thermische Kraftwerke und industrielle Wärme“, kurz TcET. Die Wissenschaftler der Technischen Universität München erkunden die Möglichkeit, wie sich die Brennkammern von Kraftwerken auch bei schwankender elektrischer Leistungsabgabe auf einem konstanten Niveau betreiben lassen. Denn die meisten fossilen Kraftwerke sind für einen gleichmäßigen Betrieb vorgesehen und können bei dynamischen Lastwechseln, wie sie seit dem vermehrten Einsatz von Wind- und Sonnenenergie gefordert sind, an ihrer Langlebigkeit einbüßen. Der Lösungsansatz, den die Entwickler dabei verfolgen, ist die Zwischenspeicherung von Energie in einem thermochemischen Speicher.

Die Lagerung erfolgt bei Umgebungsbedingungen, die Reaktion bei hohen Temperaturen. Bild: Lehrstuhl für Energiesysteme – TU München

Der Ansatz der Projektteilnehmer von TcET sieht vor, dass die Kraftwerksleistung bei sinkendem Strombedarf nur zum Teil heruntergefahren wird. Die Energie soll stattdessen „zwischengelagert“ werden. Um die Lagerung zu realisieren, wollen die Forscher verschiedene Speichermaterialien untersuchen. Diese haben gemeinsam, dass sie in zwei verschiedenen Varianten existieren – als beladenes und unbeladenes Material. Die Begriffe sagen in diesem Zusammenhang etwas über die chemisch gebundene Energie aus, die Materialien können mit Energie „beladen“ werden, also von außen zugeführte Energie speichern und bei Bedarf freisetzen.

Kraftwerke können ihren Leistungsoutput flexibel an den Strombedarf anpassen. Dies ist jedoch nur in einem bestimmten Lastband möglich. Wird die minimale Feuerungsleistung unterschritten, so besteht die Gefahr, dass die Verbrennung instabil wird. Die Konsequenz: das Kraftwerk muss abgestellt werden. Dank des Einsatzes von Energiespeichern wird der Kessel weiterhin stabil betrieben, stellt Energie aber nicht für den Turbinenbetrieb sondern für Speicherzwecke zur Verfügung: In einem ersten Schritt wird die überschüssige Wärme in Wirbelschichtreaktoren bei Temperaturen von bis zu 600°C auf den chemischen Speicher übertragen. Als Speichermaterialien kommen zum Beispiel Calcium- oder Magnesiumoxid in Frage. Ein Vorteil bei chemischen Speichern ist die Möglichkeit, diese Materialien bei Umgebungsbedingungen einlagern zu können.

Entsteht ein höherer Energiebedarf, oder produzieren volatile Energien aufgrund von Windflaute und Dunkelheit zu wenig Strom, so lassen sich die beladenen Speicher in einer exothermen Reaktion auf ihr ursprüngliches, niedrigeres Energieniveau bringen. Die freigewordene Wärme kann zur Stromerzeugung in der Turbine beitragen. Ziel der Forscher ist es, den Speicher so auslegen zu können, dass das Kraftwerk auch bei geringem Strombedarf seitens des Netzes die Leistung über einen Zeitraum von bis zu drei Tagen stabil halten kann. Denkbare Wirkungsgrade bei Kraftwerken mit Fernwärmeauskopplung betragen mehr als 80%, ansonsten sind nach jetziger Ansicht der Forscher um 50% realistisch.

Bei geringer Last wird Energie zwischengespeichert und bei Bedarf rückverstromt. Bild: Lehrstuhl für Energiesysteme – TU München

Neben der verbesserten Konstanz ergibt sich ein weiterer wesentlicher Vorteil: dank der gleichbleibenden Heizleistung des Kraftwerks bleiben die Turbinen warm. Das erhöht einerseits deren Lebensdauer, andererseits kann das Kraftwerk – da die einzelnen Komponenten stets auf Betriebstemperatur laufen – schneller auf veränderte Bedingungen im Stromnetz reagieren. Das Ziel ist es, die Umschaltung zwischen Speicherbetrieb und Stromerzeugung so schnell zu realisieren, dass die Energie im Bereich der Minutenreserve zur Verfügung steht.

TU München berechnet und simuliert die Systemintegration verschiedener Speicher und baut Speicher im Labormaßstab auf.
Bayerisches Zentrum für Angewandte Energieforschung e. V. (ZAE) stellt Knowhow im Bereich Speicher <300 °C zur Verfügung, die ggf. für ein mögliches „kaltes Ende“ genutzt werden sollen.
Alstom stellt Kraftwerksdaten zur Verfügung und unterstützt insbesondere bei der Dynamikverbesserung.
E.On und RWE stellen Kraftwerksdaten und wirtschaftliches Knowhow zur Verfügung.
Märker Kalk unterstützt mit Wissen bezüglich Feststoffhandling und Apparaten und stellt Stoffproben zur Verfügung.
Clariant unterstützt den Bereich Katalyse und stellt Material zur Verfügung.

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