Projekt-Cluster

Effizientere Generatoren durch Nanoteilchen

Forschungsansatz

Isolierungen mit integrierten Nanopartikeln (siehe Querschnitt) verbessern die Widerstandskraft um den Faktor 10. ©Siemens

Um die Effizienz von Kraftwerken zu steigern, ist ein Schwerpunkt der Forschung die Turbinen zu verbessern, die durch heißes Gas oder Dampf in schnelle Drehung versetzt werden. Es ist aber mindestens ebenso aussichtsreich, die Leistungsfähigkeit der nachgeschalteten Generatoren zu optimieren, die die Rotationsenergie der Turbinen letztlich in elektrischen Strom umwandeln müssen. Also suchen Forscher nach Isolatoren, die Generatoren effizienter machen.

Die Weiterentwicklung von Isolationssystemen durch Einsatz von Nanopartikeln bietet das Potenzial, Generatoren bei gleicher Baugröße, thermischer Beanspruchung und resultierender Lebensdauer mit größerer Leistung und verbessertem Wirkungsgrad zu betreiben. Dies eröffnet die Möglichkeit, wirkungsgrad- und leistungssteigernde Maßnahmen an Kraftwerksblöcken mit reduziertem Erneuerungsaufwand an den Generatoren durchzuführen. Bei Neuanlagen werden gleichzeitig günstigere Investitionskosten für Generatoranlagen ermöglicht.

Forschungsziele

  • Elektrische Isolationsstoffe durch Einsatz von Nanopartikeln verbessern
  • Elektrische Lebensdauer von Wicklungsisolierungen erhöhen
  • Basismaterialien von Elektrischen Isoliersystemen (EIS) optimieren
  • Wechselwirkung von nanopartikulär gefüllten Materialien im elektrischen Feld untersuchen
  • Neue EIS durch Funktionsprüfungen an Generatorwicklungsstäben charakterisieren
  • Praxistaugliches Modell zur Untersuchung der Betriebseigenschaften des EIS (Testgenerator im Kraftwerk)

Perspektiven

Blitzartige Entladungen in einem Kraftwerksgenerator zerstören dessen Isolierschichten. ©Siemens

Die elektrische Energie in Generatoren wird in Kupferstäben generiert, die mit dicken Kunststoffschichten gegen hohe elektrische Spannungen isoliert werden. Mit neuen Materialien könnte man die Isolatoren dünner auslegen und Platz für dickere Stäbe gewinnen, in denen man letztlich mehr Energie erzeugen könnte. Damit ließe sich ein Generator relativ leicht an eine leistungsstärkere Turbine anpassen. Siemens entwickelt mit weiteren Partnern aus Wirtschaft und Forschung neue, mit Nanoteilchen versetzte Isolatoren. Die Materialien haben sich im Labor bereits bewährt. Nun soll die Technik marktreif gemacht werden.


Zwischen den Kupferstäben eines Generators können einige zehntausend Volt Spannung herrschen. Dadurch wird die Luft ionisiert, und es entstehen Teilentladungen. Die Blitze greifen die Isolation der Kupferleiter an und erzeugen Erosionskanäle, die sich in der schützenden Schicht ausbreiten. Wenn sie das Metall erreichen, können sie Kurzschlüsse auslösen. Deshalb versetzt man den Kunststoff des Isolators mit Partikeln aus Glimmer, einem speziellen Silikat. Weil die Erosionskanäle die Glimmerplättchen umlaufen müssen, dauert es länger, bis sie auf das Kupfer treffen: Der Isolator hält dauerhaft größeren Spannungen stand.


Die Forscher von Siemens und ihre Partner untersuchen die Isolationswirkung von Nanoteilchen aus Silikaten. Die wenige millionstel Millimeter kleinen Kügelchen haben im Vergleich zu anderen Strukturen eine extrem große Oberfläche und verlängern den Umweg für die Erosionskanäle enorm. Isolatoren, die zusätzlich zu den Glimmerplättchen mit den Nanopartikeln versetzt wurden, zeigen im Labor bis zu zehnmal mehr Widerstandskraft gegen Teilentladungen als bisher. Das Ziel der Forscher ist es in einem nächsten Schritt, mit solchen Nanoisolatoren die teilweise zentimeterdicken Isolationsschichten etwa 25 Prozent dünner zu machen.

Im Verlauf eines neuen vierjährigen Projekts, das im August 2010 mit Förderung des BMWi startete,  werden die Isolatoren weiterentwickelt und in einem Generator-Prototypen getestet. 

Hintergrund

In Generatoren bestehen Wickelgüter aus einer Vielzahl von Komponenten. Dies sind zum Beispiel die lackisolierten Drähte (magnet wire), die magnetisch wirksamen Metalle (Ferrite, Trafobleche), der Spulenträger, bei Elektromotoren der Stator und/oder Rotor, Klemmen, Sicherungen und vieles mehr. Die Wicklung selbst muss so aufgebaut sein, dass eine Berührung spannungsführender Teile zuverlässig verhindert wird, und es müssen weitere, betriebsbedingte Folgen wie z.B. Selbstentzündung ausgeschlossen sein. Dazu gehört neben dem Einsatz geeigneter Sicherheitseinrichtungen vor allem die Verwendung von für die angestrebte Wärmeklasse geeigneten Isolierstoffen. Dies sind z.B. Flächenisolierstoffe, Tränkmittel, Zuleitungslitzen, Isolierschläuche, Vergussmassen und Isolier-Klebebänder.

 

Um die Leistungsfähigkeit von Generatoren zu optimieren, hat sich Siemens im Jahr 2007 mit Forschern der Universitäten Bayreuth, Freiburg und Dortmund sowie der Nanoresins AG, einem Nanopartikel-Lieferanten, zusammengetan. Der Name des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekts: Nanotechnologie im Isoliersystem für innovative elektrische Anwendungen – kurz NanoIso. Die Grundidee ist  einfach: Wenn bei einem Kraftwerk die Turbinen erneuert werden und mehr Leistung bringen, müsste man eigentlich auch den Generator gegen ein größeres Modell austauschen – was aufwändig und teuer ist. Es ginge allerdings auch anders: Wenn man die elektrischen Leiter in seinem Inneren gegen solche austauscht, die mehr Strom tragen können, dann steigt die Leistung ebenfalls, und man muss nicht den ganzen Generator ersetzen. Doch hier steckt der Teufel im Detail: Ein Generator besteht aus einem Rotor und einem Stator. Der Rotor ist ein stabförmiger, stromdurchflossener Magnet, der sich, angetrieben durch die Turbine, dreht. Der Stator beinhaltet aus Kupferstäben aufgebaute Spulen, die den Rotor umgeben. Durch die Drehbewegung des Rotors wird im Stator eine elektrische Spannung induziert, so dass Strom fließt.

Wenn nun die Kupferstäbe eine höhere Leistung aufnehmen sollen, müssen sie dicker werden. Da aber zugleich der zur Verfügung stehende Raum nicht größer wird, bedeutet dies zugleich, dass die Isolierschichten, die die Kupferstäbe umgeben, dünner werden müssen – sie müssen also wesentlich besser gegen elektrische Durchschläge isoliert werden als bisher. Genau dies ist der Kern von NanoIso: Die Wissenschaftler entwickeln neuartige Isolationsmaterialien mit Nanopartikeln. Dadurch können die Isolationen dünner, die Leiter dicker, und die Generatoren effizienter werden.

 

Widerstand im Nanobereich

Bei den Drehbewegungen des Rotors entstehen zwischen den Kupferstäben des Stators Spannungen bis zu 27 000 V. Dies führt zu einer Ionisation der Luft und Teilentladungen – kleine Blitze, die die Isolation zerstören. Es entstehen Erosionskanäle, die sich durchs Material fressen und zum Kurzschluss führen können. Um dem vorzubeugen, wird heute Glimmer in das aus Kunststoff bestehende Isolationsmaterial integriert. Dank der 5 µm dünnen, und bis zu mehrere Millimeter langen Gesteinsplättchen müssen die Erosionskanäle einen Umweg nehmen, es dauert also länger, bis sie das Metall erreichen. Wegen des Glimmers muss die Isolierung jedoch einige Zentimeter dick sein – Platz, der auf Kosten der Kupferleiter geht.

 

Bis es aber zu einem Serieneinsatz kommen kann, ist noch viel zu tun. Die Universität Dortmund befasst sich mit der Lebensdauer der neuen Isolationen. In Bayreuth wird untersucht, wie die Nanopartikel am besten verarbeitet werden können. Bei Siemens fließen all diese Erkenntnisse zusammen. Die Forscher nutzen sie, um eine Isolierung zu entwerfen, die den verschiedenen industriellen Ansprüchen, wie etwa einer schnellen und unkomplizierten Fertigung, gerecht wird. Der nächste Schritt zum effizienteren Generator ist der Einbau von Kupferleitern, die mit der neuen Isolierung ausgestattet sind.

Den dazu nötigen Generator wird der Energieversorger RWE zur Verfügung stellen. Bei einem der nächsten Kraftwerke, die aufgerüstet werden müssen, soll ein Generator dann, anstatt ihn aufwändig auszutauschen, mit der neuen Technik erneuert werden.

Aktuelle und abgelaufene Forschungsvorhaben im Überblick

Ausnutzungssteigerung von Generatoren – AvG

Forschende Organisation: Siemens Aktiengesellschaft - Corporate Technology - Abt. CT T DE HW 1, Erlangen

Projektlaufzeit: 08/2010 - 05/2016
Förderkennzeichen:
 0327895A

 

Effizienz- und Leistungssteigerung in der Generatortechnologie von Kraftwerken durch Einsatz der Nanotechnologie in innovativen Isolationssystemen

Forschende Organisation: Nanoresins AG, Geesthacht 

Projektlaufzeit: 08/2010 - 12/2014 (abgeschlossen)
Förderkennzeichen: 0327895C

 

Innovative Isolationssysteme für Generatoren mit höchster Ausnutzung in CO2-emissionsarmen Kraftwerken (AvG)

Forschende Organisationen:

KREMPEL GmbH - Anwendungstechnik ATE,  Vaihingen,

Universität Bayreuth - Fakultät für Angewandte Naturwissenschaften - Lehrstuhl für Polymere Werkstoffe

Technische Universität Dortmund - Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik - Lehrstuhl Hochspannungstechnik und EMV

RWE Power AG, Essen

 

Projektlaufzeit: 08/2010 - 12/2014 (0327895B: 05/2011 - 12/2013) (abgeschlossen)
Förderkennzeichen: 0327895D0327895E0327895F, 0327895B