Standpunkt / 12.09.2014
Den Kraftwerkspark an die Zukunft anpassen
"Für die Energieforschung steht die Flexibilität im Mittelpunkt"
KraftwerkForschung.info: Herr Menzen, wo liegen für Sie die Prioritäten bei der Forschung an Turbomaschinen?
Menzen: Für die Energieforschung steht die Flexibilität im Mittelpunkt. Dabei ist vor allem ein möglichst hoher Wirkungsgrad auch im Teillastbereich wichtig. Wir hoffen, dass dabei der Wirkungsgrad der Kraftwerke das gleiche Niveau wie unter Volllast erreicht.
Goldschmidt: An Turbomaschinen für kleine Lasten bei unverändert hohen Wirkungsgraden arbeiten wir bereits. Wir wollen weiterhin beim eingesetzten Brennstoff flexibler werden und das An- und Abfahren der Anlagen beschleunigen können. Auch die Möglichkeit, Wasserstoff als Speichermedium für überschüssigen Strom zu nutzen, ist für Turbomaschinen interessant.
KraftwerkForschung.info: Mit COOREFLEX-turbo beginnt gerade eine neue Phase in der AG Turbo. Was haben Sie vor?
Goldschmidt: In der AG Turbo arbeiten rund 30 Partner aus der herstellenden Industrie, klein und mittleren Zulieferfirmen sowie aus Hochschulen und Forschungseinrichtungen bei der vorwettbewerblichen Forschung zusammen. Gemeinsame technische Probleme sollen kooperativ gelöst werden. Wir planen für die nächsten fünf Jahre etwa 100 Einzelprojekte mit einem Gesamtvolumen von 66 Millionen Euro.
KraftwerkForschung.info: Welche Ziele liegen Ihnen dabei besonders am Herzen?
Goldschmidt: Wir haben unsere Arbeiten in die vier Teilbereiche Verdichtung, Kühlung, Expansion und Verbrennung unterteilt. Bei der Verdichtung stehen für uns die bereits erwähnte Steigerung des Wirkungsgrades und der Stabilität bei kleineren Minimallasten im Vordergrund. Wir dürfen dabei auch die Langlebigkeit der Anlagen nicht aus dem Blick verlieren. Um auf diesem Gebiet Fortschritte zu erzielen, arbeiten wir an einer verbesserten Modellierung der Aerodynamik. Wir benötigen auch neue und verbes¬serte Brennerkonzepte. Ein Weg, um eine Verbrennung auch bei kleinen Lasten stabil zu halten, ist die sogenannte Stufung. Das heißt, wir teilen den Brenner in verschiedene Sektoren, die sich einzeln regeln und abschalten lassen. So kann man auch bei kleinen Lasten einen Brenner ökonomisch und schadstoffarm betreiben.
Wichtige Hinweise auf eine verbesserte Effizienz der Kühlung erhoffen wir uns von besseren Modellen und Berechnungsverfahren. Es geht um ein detaillierteres Verständnis des Wärmeabtransports durch die Kühlluft an den Schaufeln sowie um deren Auslegung und Schwingungsverhalten. Das sind entscheidende Faktoren, um unter den geschilderten Netzanforderungen die Lebensdauer der Anlagen zu optimieren.
Übrigens lassen sich auch die alten Kraftwerke schnell an-und abfahren. Im Vergleich zum bisher üblichen Betrieb mit langen Phasen der Volllast, würde das aber zu stark auf Kosten der Lebensdauer gehen. Genau das wollen wir mit neuen Technologien und Konzepten ändern.
KraftwerkForschung.info: Welche Auswirkungen haben diese Entwicklungen auf den Kraftwerkspark?
Goldschmidt: Der jetzige Kraftwerkspark wurde nicht für die aktuellen Anforderungen konzipiert. Es ist eine große Chance, dass bei einem beträchtlichen Teil des bestehenden Kraftwerkparks bald das Ende der Betriebs¬dauer erreicht sein wird und damit ohnehin Modernisie¬rungen anstehen. Für die Zukunft müssen wir zu Anlagen kommen, die unter den veränderten Marktbedingungen wirtschaftlich betrieben werden können.
Menzen: Ich teile diese Einschätzung. Forschung und Entwicklung im Bereich der Kraftwerkstechnologien waren in den letzten Jahrzehnten ein Schwerpunkt der Energieforschung. Die bisher unterstützten Forschungsmaßnahmen sind sehr erfolgreich gewesen und lieferten einen wesentlichen Beitrag zur Technologieführerschaft deutscher Unternehmen und Forschungseinrichtungen im weltweiten Vergleich. Ich bin daher zuversichtlich, dass die AG Turbo auch ihre neuen ehrgeizigen Ziele erreichen wird.
Weitere Seiten
Aktuell geförderte Projekte:
Belastungsabhängige Inspektionsintervalle ermitteln
Hochtemperaturwerkstoffe für über 700 °C Dampftemperatur
Braunkohletrocknung
Post Combustion Capture
Abtrennverfahren und Speicherung
Oxyfuel
Wasserstoff-Gasturbinen
Kohlevergasung mit CO2-Abtrennung (IGCC)
Mikro-Gasturbinen
Höhere Temperaturen in Turbinen
Schadstoffärmere Verbrennung in Turbinen
Mehr Druck und weniger Strömungsverluste in Turbinen
CO2-Kompressoren
Internationale Zusammenarbeit
Vergleich der Kraftwerkssysteme
Effizientere Generatoren durch Nanoteilchen
Mit Druckluft Strom speichern
Hochtemperatur-Wärmespeicher für flexible GuD-Kraftwerke
Mehr Flexibilität für emissionsarme Kohlekraftwerke
Hybridkraftwerke
Aktuelle Publikation
Turbomaschinen.
Schlüsselkomponenten für mehr Effizienz in der Energieversorgung (PDF 2,47 MB)