Aktuell / 17.02.2011

CO2: Vom Abgas zum Rohstoff

Für Algen ist CO2 ein Nährstoff. In Deutschlands erster Pilotanlage zur CO2-Einbindung durch Mikroalgen wachsen sie mit Rauchgasen des Kohlekraftwerks Niederaußem zehnmal schneller als Landpflanzen. Bild: RWE

CO2 entweicht bei der Verbrennung ungehemmt in die Atmosphäre. Nun soll CO2 klimafreundlich bei der Herstellung neuer Produkten eingebunden werden. Wie Kohlendioxid praktisch verwendet werden kann, diskutierte die Fachwelt auf einem Symposium in Düsseldorf.

Eine mögliche Nutzung ist das Füttern von Algen mit dem CO2 aus Rauchgasen eines Kohlekraftwerks. RWE, die Jacobs University Bremen und das Forschungszentrum Jülich erproben dies derzeit in einer rund 600 qm² großen Zuchtanlage. Die Algen ernähren sich vom Klimagas und können als Biomasse für die Herstellung von Biogas verwendet werden.

 

Die Abscheidung und Nutzung von CO2 aus Industrieanlagen oder Kraftwerken soll zukünftig zum Klimaschutz. CO2 lässt sich sowohl als technisches Gas nutzen als auch in Biotechnologie, Biologie und Chemie verwerten, wo es als Kohlenstoffbaustein dienen kann. Bekannt ist das Verfahren unter dem Kürzel CCS. Das steht für Carbon Capture and Usage.

CO2 raus aus der Schmuddelecke

Der parlamentarische Staatssekretär im Bundesforschungsministerium, Thomas Rachel, möchte CO2 „raus aus der Schmuddelecke“ holen. Vor rund 70 Forschern und Politikern betonte er, dass die Nutzung von CO2 kein Königsweg aus der Klimaproblematik sei, aber ein zusätzlicher Beitrag zur Lösung. In höherwertigen Produkten ließe sich bis zu einem Prozent des CO2-Ausstoßes speichern, in Kraftstoffen sogar bis zu zehn Prozent.

 

Mit dem Förderprogramm „Technologien für Nachhaltigkeit und Klimaschutz – Chemische Prozesse und stoffliche Nutzung von Kohlendioxid“ unterstützt das Forschungsministerium Wissenschaftler und Wirtschaft bei der Entwicklung innovativer Verfahren. Bis 2014 sind dafür Fördermittel von insgesamt 100 Millionen Euro vorgesehen.

 

Eine wissenschaftliche Herausforderung ist mit dem Kohlenstoff im CO2 einen Rohstoff für die Chemie zu entwickeln, so Prof. Dr. Walter Leitner vom Institut für Technische und Makromolekulare Chemie der RWTH Aachen. Dieser Rohstoff könne die Abhängigkeit vom Öl für viele Produkte verringern. Schon heute werden jährlich 107 Megatonnen CO2 in der Düngerproduktion verwendet. Bald soll es als Bestandteil von Kunststoffen wie Polyurethan in der Dämmtechnik dafür sorgen, dass in Gebäuden Wärmeenergie und somit CO2 gespart wird. Das „Catalytic Center“ in Aachen begeistere schon heute Nachwuchsforscher für diese „Dream Production“, die 2015 Industriereife erreichen soll, so Leitner. Für das reaktionsträge CO2 müssten noch spezielle Katalysatoren entwickelt werden.

CO2 kann helfen Energie zu speichern

Im Verbundvorhaben "Co2rrect - Verwertung von CO2 als Kohlenstoff-Baustein unter Verwendung überwiegend regenerativer Energie" gehen die Forscher gleich zwei Probleme auf einmal an:

  • Einerseits kostet es viel Energie, um CO2 stofflich zu verwerten. Beispielsweise können aus CO2 durch Synthese mit Wasserstoff aus regenerativer Herstellung verschiedene Kohlenstoffbausteine erzeugt werden, die als Treibstoff oder Zwischenprodukt für die Herstellung von Kunststoffen verwendbar sind. Auf diese Weise könnte CO2 einmal in Haushaltsartikeln oder DVDs landen.
  • Auf der anderen Seite liefern regenerative Energiequellen wie Sonne und Windkraft kein konstantes Angebot an Strom. Das aber benötigt die chemische Industrie normalerweise, um ihre Prozesse zuverlässig fahren zu können. Die Herstellung von Wasserstoff als auch die zur Umsetzung von CO2 soll in großtechnischem Maßstab so realisiert werden, dass sie robust auch unter dem wechselhaften Angebot regenerativer Energien funktionieren. Hierfür werden nicht nur neue technologische Entwicklungen gebraucht, sondern auch neue Modelle des Zusammenwirkens von Energiewirtschaft und Chemieindustrie.

Aktuell geförderte Projekte:

Pilotanlage in Leverkusen

In dieser neuen Pilotanlage wird Kohlendioxid in einen chemischen Rohstoff eingebunden. Bild: Bayer

Link zum Electrolyzer

Mit diesem Elektrolyseur lässt sich die Wasserstoffausbeute erhöhen. Bild: Siemens AG