Projekt-Cluster
Braunkohletrocknung
Hintergrund
Etwa ein Viertel des deutschen Strombedarfs wird durch Braunkohle gedeckt. Gefördert wird sie im Rheinischen, Lausitzer, Mitteldeutschen und Helmstedter Revier in zehn Tagebauen. Braunkohle ist damit ein wichtiger heimischer Energierohstoff.
Braunkohle hat infolge ihres Kapillargefüges einen wesentlich höheren Wassergehalt als Steinkohle, die meist weniger als 10 % Wasser enthält. Der Gehalt des in Kapillaren und Poren physikalisch und chemisch gebundenen Wassers kann bis zu 60 Gew.-% betragen. Während sich Oberflächenfeuchte relativ leicht entfernen lässt (z. B. durch Zentrifugieren), muss für die Überwindung der Bindungskräfte des Wassers an die Kohlesubstanzen Energie in das System eingebracht werden. Bei der Verbrennung feuchter Rohbraunkohle wird ein Teil der Brennstoffenergie für die Verdampfung des Wassers gebraucht.
Um die Effizienz des Kraftwerksprozesses zu erhöhen, wird die Braunkohle bislang üblicherweise gleichzeitig gemahlen und mit 1.000 °C heißem Rauchgas aus dem Kraftwerkskessel getrocknet. Das Verfahren der Mahltrocknung hat allerdings energetische Nachteile, da die Trocknungsenergie exergetisch ungünstig aus dem heißen Rauchgas bezogen wird und damit die Stromerzeugung schwächt. Ferner bleibt die Abwärme ungenutzt.
Alternative Verfahren wie die Wirbelschichttrocknung mit interner Abwärmenutzung (WTA) kommen mit erheblich niedrigeren Temperaturen aus und nutzen die Brüdenenergie (Energie, die das Wasser aus der Kohle während der Trocknung aufnimmt) für den Trocknungs- oder Kraftwerksprozess. So steigt beispielsweise der Kraftwerkswirkungsgrad des BoA-Kraftwerks Niederaußem bei Anwendung der Wirbelschichttrocknung anstelle der Mahltrocknung um rund 4 Prozentpunkte. Wirkungsgradgewinne von bis zu 5 Prozentpunkten werden für möglich gehalten.
Der Einsatz und die Integration moderner Kohle-Trocknungsverfahren wird daher von Experten als ein wesentlicher Entwicklungsschritt zur erheblichen Effizienzsteigerung von Braunkohlekraftwerken angesehen.
Seit 1993 wird das WTA-Verfahren in Demonstrationsanlagen (27–170 t/h Rohkohledurchsatz) in Frechen und Niederaußem erprobt. Der Verbund mit einem Großkraftwerk wird erstmals seit 2008 am RWE BoA-Kraftwerk Niederaußem praktiziert. Die dort eingesetzte Versuchsanlage (200 t/h) soll 20 bis 30 % der sonst in der BoA-Kraftwerksanlage mit herkömmlicher Mahltrocknung eingesetzten Braunkohle ersetzen.
Durch den Wechsel von der Mahltrocknung auf das WTA-Verfahren erhöht sich der Nettowirkungsgrad des Kraftwerksprozesses um rund 10 bis 12 % (4 bis 4,7 Prozentpunkte), je nach Restfeuchte der Trockenbraunkohle (TBK).
Das seit 1980 erforschte Verfahren der Dampf-Wirbelschicht-Trocknung (DWT) ist vergleichbar mit dem WTA-Verfahren. Die Trocknung im DWT-Verfahren findet ebenfalls in reiner Dampfatmosphäre in einer Wirbelschicht statt. Der Unterschied liegt in der Beheizung der Wirbelschicht, die im DWT-Verfahren mit Entnahmedampf aus der Nieder-Druck-Turbine erfolgt. Der gegenüber dem Mahltrocknungsverfahren erzielbare Wirkungsgradgewinn ist abhängig von der Weiterverwendung der ausgetriebenen Brüden, die in diesem Verfahren, im Gegensatz zum WTA-Prinzip, nicht direkt genutzt werden. Durch Nutzung der Brüdenenthalpie des verdampften Kohlewassers im Kraftwerksprozess ist eine Erhöhung des Kraftwerks-Nettowirkungsgrades um 4 bis 5 Prozentpunkte möglich. Zwischen 2001 und 2006 wurden an der BTU Cottbus zusammen mit Vattenfall die Grundlagen einer Druckaufgeladenen Dampf-Wirbelschicht-Trocknung (DDWT) an einer kleinen Versuchsanlage erforscht (0,5 t/h Rohbraunkohle, 1,2–6,5 bar). Die Erkenntnisse aus dem Betrieb einer weiteren Versuchsanlage (Schwarze Pumpe, 10 t/h, 2008–2010) sollten in einer Demonstrationsanlage münden (Jänschwalde, 250 MW, ab 2013). Ein kommerzieller, großtechnischer Einsatz war ab 2020 geplant. Wegen rechtlichen und fianziellen Enpässen verzögern sich diese Pläne.
Forschungsvorhaben zu Braunkohletrocknung
Druckaufgeladene Dampfwirbelschicht-Trocknung von Braunkohlen - Grundlagenuntersuchungen und verfahrenstechnische Optimierung
Forschende Organsisation:
Brandenburgische Technische Universität Cottbus - Lehrstuhl Kraftwerkstechnik
Förderkennzeichen: 03ET2023
Projektlaufzeit: 03/2011 - 12/2015
Konzeptentwicklung für eine großtechnische Versuchsanlage zur druckaufgeladenen Dampfwirbelschicht - Trocknung von Braunkohlen
Forschende Organisationen:
Vattenfall Europe Generation Aktiengesellschaft
Brandenburgische Technische Universität Cottbus - Fakultät Maschinenbau, Elektrotechnik und Wirtschaftsingenieurwesen - Institut für Energietechnik - Lehrstuhl für Kraftwerkstechnik
Steinmüller-Instandsetzung Kraftwerke Gesellschaft für Energie- und Umwelttechnik mbH
Förderkennzeichen: 0327753A | 0327753F | 0327753K
Projektlaufzeit: 06/2006 - 12/2010 (abgeschlossen) | 07/2006 - 12/2010 (abgeschlossen) | 04/2006 - 12/2010 (abgeschlossen)
Entwicklung von technischen Konzepten der Rohkohleaufbereitungsanlage für mitteldeutsche Braunkohle
Forschende Organisation: MIBRAG mbH - Bereich Bergbau/Veredlung, Anwendungstechnik
Förderkennzeichen: 0327753C
Projektlaufzeit: 04/2001 - 07/2010 (abgeschlossen)