Aktuell / 16.03.2015
Biomasse in Kohlekraftwerken kann CO2-Emissionen senken
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Wie lässt sich ein möglichst großer Anteil von Biomasse in Kraftwerken mitverbrennen? Diese Frage ermittelten Forscher der Technischen Universität Hamburg-Harburg jetzt in einer Simulation auf Basis eines detaillierten Kraftwerksmodell der Leistungsklasse 800 Megawatt. Das Ziel: der Eigenverbrauch von Kraftwerken soll auch mit regenerativem Brennstoff so gering wie möglich bleiben.
Der Eigenverbrauch von Kraftwerken mindert deren Wirkungsgrad. Daher ist es das natürliche Bestreben von Forschern diesen Verbrauch so gering wie möglich zu halten. Ein anderes Ziel ist es aber auch, die Brennstoffflexibilität zu erhöhen. Das kann zum Beispiel durch die Beimischung von Biomasse geschehen. Das kann sich lohnen, da Großkraftwerke im Vergleich zu kleinen Kraftwerken einen potenziell höheren Wirkungsgrad erreichen. Doch wegen des geringen Heizwertes und des hohen Wassergehalts von Biomasse steigt der Massen- und Volumenstrom bei der Mitverbrennung an. Für den höheren Massenstrom und vor allem die aufwändige Vermahlung der faserigen Holzprodukte benötigen die Hammermühlen aber wesentlich mehr Energie um die Holzhackschnitzel für die Feuerung vorzubereiten. Das gilt es zu vermeiden.
Eine Idee ist es, die Biomasse vor der Zerkleinerung einem Torrefizierungsprozess zu unterziehen. Dabei wird der nachhaltig erzeugte Brennstoff mittels Anzapfdampf aus dem Kraftwerksprozess auf 250 bis 300 Grad Celsius erwärmt und von Rauchgas umströmt. Das Rauchgas sorgt für eine annähernd inerte Atmosphäre, da die Biomasse andernfalls oxidieren könnte und der Feststoff so einen geringeren Brennwert aufweisen würde. Außerdem könnte sich die Biomasse unter Einwirkung von Sauerstoff auch entzünden. Nach der Torrefizierung besitzt die Biomasse sowohl eine höhere Energiedichte also auch eine höhere Dichte des zurückbleibenden Feststoffes. Außerdem ändert sich die Struktur und damit das mechanische Verhalten der Biomasse. Sie wird deutlich spröder, so dass sich der Aufwand beim Zerkleinern wesentlich verringert. Dadurch sinkt auch der Eigenverbrauch des Kraftwerkes, der Wirkungsgrad steigt. In Zahlen ausgedrückt: Ohne Vorbehandlung steigt der Energieverbrauch der Hammermühle um 21,4 MW pro 10 Prozent Mitverbrennung. Nach der Trocknung auf einen Wasseranteil von 5 Gewichts-Prozent liegt der Wert noch immer bei 4,5 MW je 10 Prozent Mitverbrennung. Nach der Torrefizierung sinkt die zusätzliche Leistungsaufnahme der Hammermühle auf 355 kW je 10 Prozent Mitverbrennung. Das entspricht im Vergleich zur unbehandelten Biomasse einer Einsparung von 98,3 Prozent.
Weitere Optimierung: Wärme aus dem Rauchgas nutzen
Die Forscher haben mit verschiedenen Torrefizierungsgraden experimentiert. Dieser lässt sich bei einer festgelegten Temperatur durch die Zeit im Reaktor beeinflussen. Der Torrefizierungsgrad gibt an, wieviel Prozent des Feststoffes sich nach der Behandlung verflüchtigt haben. Den höchsten Wirkungsgrad ermittelten die Forscher bei einem Wert von 16 Prozent, weshalb sie diesen in ihren weiteren Betrachtungen nutzten.
In den Simulationen haben die Forscher Mitverbrennungsraten zwischen 10 und 50 Prozent bezogen auf die Feuerungswärmeleistung betrachtet. Bei den Untersuchungen hat sich ein optimaler Betriebspunkt für eine Torrefizierung von 300 Grad Celsius ergeben. Da die Vorbehandlung der Biomasse bei 250 Grad Celsius ein vielfaches der Zeit benötigt, müsste der Reaktor für den gleichen Materialdurchsatz entsprechend größer gebaut werden. Die entstehenden Investitionskosten liegen dabei außerhalb der Wirtschaftlichkeit.
Obwohl in einem ersten Ansatz die Energie dem Frischdampf entnommen wurde, stieg der Wirkungsgrad des Gesamtprozesses im Vergleich zur unbehandelten Biomasse an. In einem nächsten Schritt wollen die Forscher dann überprüfen, in wieweit sich die benötigte Energie dem Rauchgas entnehmen lässt. Denn das könnte das Potenzial der Torrefizierung wesentlich besser ausnutzen, da der Frischdampf so vollständig für die Stromerzeugung zur Verfügung stünde. Die Forscher erwarten dabei verbesserte Nettowirkungsrade der Anlage.
Aktuell geförderte Projekte:
Aktuelle Publikation
Der deutsche Weg zur Smart Power Generation (PDF 940 KB)
Co-Firing Workshop
Das VDI Wissensforum bietet einen Workshop zum Co-Firing von Biomasse an
22.-23. Juni 2015, München
24. - 25. September 2015, Amsterdam
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